Mountainbiketouren

Über den Prodel

Himmeleck, Klamm, Denneberg und Prodel. Eine schöne Gipfelsammlung auf der Mountainbiketour über den Prodel. Eine fahrtechnisch und konditionell anspruchsvolle Tour mit zahllosen Highlights.

prodel

Sonntag, 30. November 2011

Es ist heute deutlich wärmer als vor einer Woche, auf den Bergen sind nur noch kleine Schneereste auszumachen. Vergangenen Samstag war ich schon einmal hier, beim Parkplatz der Hündle-Bahn. Das Allgäu zeigte sich Mal wieder von seiner Schokoladenseite und bot strahlenden Sonnenschein. Aber nur 2 Grad Lufttemperatur. Die Gipfelregionen der Nagelfluhkette waren jenseits der 1300-Meter-Marke schneebedeckt. Aus meiner geplanten Tour über den Prodel wurde eine ´Um den Prodel` Tour. Auch nicht ganz ohne, aber was heute angegangen wird, ist schon ein paar Klassen heftiger. Um halb elf sind die Räder und die Fahrer abfahrbereit.

Mir graut es ja schon vor der heftigen Steigung, die gleich zu Beginn der Tour ansteht. Entlang der Hündle-Bahn zieht der asphaltierte Wirtschaftsweg gnadenlos steil nach oben. Zweihundert Höhenmeter auf gerade mal 1200 Meter Strecke sind der Prolog der Tour. Also eine durchschnittliche Steigung von 17 Prozent, mit Abschnitten um die 28 Prozent garniert. Marcus legt sein Projekt Zoncolan erst einmal auf Eis. Dort soll es mit 24 Prozent aufwärtsgehen. Mit Rennradübersetzung. Grazie. Aber es wird noch steilere Abschnitte geben heute. Ganz nah dran an der Fahrbarkeitsgrenze. Und manches mal sogar sehr deutlich darüber.

Bis zur Schwandalpe kommen wir auf Forstwegen gut voran, die vielen Zwischensteigungen können meistens mit ordentlich Schwung genommen werden. Bei der Schwandalpe muss ich den Luftdruck im Hinterrad erhöhen. Die Minipumpe aus dem Rucksack - den ungerechterweise ich transportieren muss - rausfummeln und mit gut einhundert beherzten Stößen den Druck ein wenig erhöhen. Pause hat in dem Fall nur der Zuschauer gehabt. Der Pumper eher nicht. Es ist ein Jammer.

Das erste spannende Stück wartet bald nach der Luftdruckerhöhungsaktion auf uns. Ein schöner, fast immer fahrbarer Pfad bringt uns zur Leutenschwandalpe. Das Biker Herz schlägt hier höher. Eine Bachdurchquerung, eine atemberaubende Highspeedabfahrt mit Steilkurven, es ist alles dabei. Einfach Super. Über Forst und Wiesenwege erreichen wir die Rauhgrundalpe, der Spaßfaktor ist auch bis dahin groß. Aber es fehlt was. Klar, die Kühe sind nicht mehr da! Das hat zwar den Vorteil, dass die Weidegatter offen sind, aber sie fehlen einfach. Sind ja auch wirklich nette Tiere, die einem mit ihrer Neugierde immer wieder ein Lächeln abgewinnen können. Schade.

Direkt bei der Rauhgrundalpe geht es steil nach oben, mit etwas Können fahrbar und wieder ein Sahnestückchen der Tour. Wir können das und fahren den steilen Wiesenpfad hoch.

Wir nähern uns der Bärenfalle, hier hoch gibt es eine Seilbahn, dazu eine gute Infrastruktur mit einer wahnwitzigen Bobbahn, einem Waldklettergarten und Restaurant. Die Einsamkeit der Tour hat hier für eine Weile ein Ende, was aber nicht stört. Der Biergarten der Wirtschaft ist rammelvoll, hunderte Leute hat das herrliche Wetter hier hoch gelockt. Wir findens gut, bald danach sind wir wieder fast alleine auf unserem Weg. Nur selten begegnen uns Wanderer, ab und zu kommen uns ein paar Mountainbiker entgegen.

Wir kommen zur Starkatsgrundalpe. Zeit für eine kleine Pause. Aus dem Holzlager greifen wir uns als Sitzgelegenheit zwei ordentliche Buchenholzscheite und genießen in der Sonne einige der mitgebrachten Kaminwurze und andere Leckereien. Dazu gibt es lauwarmes Apfelschorle aus den Trinkflaschen. Wie lecker!

Eine Gruppe Mädels zieht an uns vorbei, manche davon sind durchaus einen Blick wert. Gucken darf man ja. Ob wir die noch einholen? Es geht jetzt gleich sakrisch steil nach oben. Zwar auf Asphalt, aber wirklich enorm steil, der Tacho zeigt Werte an der 30-Prozent-Marke an. Durchaus glaubwürdig, der Schwarze will mit dem Vorderrad nach oben. Marcus geht es mit seinem Simplon Gravity nicht anders. Weil der Sohn ja jünger und leichter ist als sein Alter Herr holt er die Girls noch ein. Außerdem habe ich ja auch das schwerere Rad und den Rucksack. Das Leben ist wirklich nicht immer gerecht.

Wir biegen ab und folgen nicht den Mädels, die offensichtlich den Weg zum Kemptener Naturfreundehaus nehmen. Für die Biker gibt es hier eine leckere Variante. Unbeschildert zwar, aber ich kenne diesen Weg ja. Er wird uns zur Rosshütte führen. Nicht ganz einfach zu fahren, aber auch nicht wirklich schwierig. Ein herrlicher Aussichtspunkt liegt bei einer Hütte, nicht weit, nachdem wir auf diesen Weg abgebogen sind. Hier muss man einfach einen Moment bleiben. Zehn Minuten reichen uns, ab jetzt geht es dann zum ersten mal längere Zeit bergab. Nicht gleich, aber doch bald.

Vor der Rosshütte beginnt die spaßige Abfahrt. Zunächst noch auf Forstweg, dann beginnt nach der Rosshütte das Vergnügen. Ein zum Teil verblockter Trail bringt uns weit nach unten ins Ehrenschwanger Tal. Das schiere Vergnügen ist das! Immerhin 230 Höhenmeter Abfahrt, wohlverdient übrigens.

Blick ins Ehrenschwanger Tal

Erst bei der Unteren Eck Alpe endet das Vergnügen. Es wird ab hierwieder ernst, die ersten paar hundert Meter gestalten sich zwar noch einigermaßen lässig, aber dann hat es schnell ein Ende mit lustig.

Steilabfahrt - gut gemeistert

Verdammt steil wird es, der Weg ist mehr als grobschottrig. Dazu liegt noch jede Menge glitschiges Laub auf den faustgroßen Steinen. Nicht einfach zu fahren, teilweise muss hier geschoben werden. Jedenfalls von mir. Der Sohn ist mir inzwischen einiges voraus. Erst am Beginn des Schiebestücks zum Himmeleck treffen wir uns. Dazwischen liegt ein sehr hartes Stück Weg.

Nach wenigen Minuten Räder schieben sind wir am ersten Gipfel des Tages, dem Himmeleck, 1487 Meter hoch immerhin. Zwei Familien mit Kindern sind auch gerade am Gipfelkreuz. Eines der Kinder meint, nicht ganz verkehrt, dass wir ja außer den Schuhen auch noch die Räder putzen müssten. Wie recht der Kleine doch hat!

Nach kurzer Rast geht es weiter, über einen verwurzelten Pfad holpern wir dem nächsten Gipfel entgegen. Ungefähr drei Kilometer sind es bis zum 1430 Meter hohen Denneberg. Dazwischen liegen ein paar Schiebepassagen, eine Klettereinlage und viel Spaß. Und einige Höhenmeter, obwohl wir uns ja immer auf dem Prodelgrat bewegen. Aber der ist nun mal nicht eingeebnet, sondern hat einige Überraschungen zu bieten.

Vom Denneberg zum Prodel ist es ein Katzensprung, auch hier liegt die eine oder andere Steigung im Weg. Zum Ausgleich gibt es saftige Downhills, der Spaß will kein Ende nehmen. Marcus kommt mit dem schwierigen Gelände bestens zurecht. Vom Prodel bis zur Prodelhütte geht es nun leicht bergab.

Die Sicht auf die gegenüberliegende Nagelfluhkette, fast zum Greifen nah, ist fantastisch. Weit, ganz weit unten liegt das Ehrenschwanger Tal im Dunst.

Wir hätten es uns nun leicht machen können und den Fahrweg ins Ehrenschwanger Tal nehmen können. Aber wer will das schon? Von einer früheren Tour habe ich den Trail, der von der Prodelalpe ins Tal führt, noch dunkel in Erinnerung. Zumindest Teilweise war der fahrbar, von unten nach oben. Also sollte es runterwärts ja auch gehen.

Also rauf auf die Räder und los. Weit kommen wir nicht, Abwärtsschieben ist angesagt.

Im Wald zeigt sich der Pfad dann aber fahrbar, allerdings ist größte Vorsicht angebracht. Das Herbstlaub liegt dicht auf dem schmalen Steig, der übrigens Tarzansteig genannt wird. Nicht selten verstecken sich darunter dicke Wurzeln, die mir nicht nur ein Mal zum Verhängnis werden sollen. Zweimal geht das ohne Blessuren ab, beim dritten Ausrutscher lande ich mit der Hand unsanft auf etwas Hartem. Ein Beinling ist am Knie zerrissen, die linke Hand arg lädiert. Daumenschalthebel sind eine feine Sache, wenn man sie bedienen kann. Links geht heute nichts mehr. Nur mit dem Mittelfinger kann ich einigermaßen schmerzfrei den Hebel betätigen. Zum Glück haben wir nach dieser Abfahrt die großen Schwierigkeiten hinter uns und nur noch zehn Kilometer bis zum Ziel. Eine Steilauffahrt noch, dann gehts fast schon entspannend dem Parkplatz entgegen.

Eine Herrliche, wenn auch sehr schwere Tour liegt hinter uns. Der Daumen wird wieder in Ordnung kommen, der Beinling geht zur Schneiderin und sonst sind zum Glück keine Schäden entstanden. Schwein gehabt.

| 42 Kilometer | 2500 Höhenmeter |

Fotos