Mountainbiketouren

Kreuztal und Adelegg

Eine schöne herbstliche Tour durch das Kreuztal in das "Dunkle Herz des Allgäus" - die Adelegg

Ein Blick ins Kreuzthal

20. November 2009

Fast sieht es aus, als wäre der Frühling schon da! Heute ist Samstag, der 20. November, morgens um acht Uhr zeigen sich schon die ersten Sonnenstrahlen. Blauer Himmel, keine Spur von dem in den vergangenen Tagen vorherrschenden Frühnebel. Also ein guter Tag, um mit dem Mountainbike los zuziehen. Aber erst mal ordentlich frühstücken.

Die Adelegg, ein letzter Ausläufer der Alpen, ist heute mein Ziel. Von Friesenhofen bei Leutkirch im Norden, Isny im Südwesten und Buchenberg im Südosten wird dieses voralpine Waldmassiv begrenzt.

Meine Tour beginnt in Rimpach bei Friesenhofen. Ein ehemaliges fürstbischöfliches Jagdschloss, mit Schlosskapelle und Spiegelsaal – wie es sich für ein Jagdschloss gehört – bildet den zentralen Teil des kleinen Ortes. Erbaut wurde es in den Jahren 1754-57, heute ist es im Besitz des Fürsten zu Waldburg-Zeil. Im Schatten ist es, der Jahreszeit nach nicht ganz ungewöhnlich, ganz schön kühl. Aber ich kenne einen großen Teil meiner Tour und weiß, dass ich nach dem ersten Kilometer aus dem schattigen Wald in die Sonne fahren werde. Also keine Sorge, Armlinge und Knielinge reichen schon aus, darüber kommt zunächst mal eine dünne Windjacke.

Schon bald, noch vor Elmeney, wird es so warm, dass ich die Windjacke im Rucksack verstauen kann. Anstatt der schlappen acht Grad bei Rimpach zeigt das Thermometer hier schon stattliche vierzehn Grad an. Die ordentliche Steigung sorgt zusätzlich für ein erhöhtes Wärmegefühl. In Elmeney, einer kleinen Siedlung, bin ich schon auf 800 Meter. Ab hier gibt es für die nächsten Stunden so gut wie keinen Asphalt mehr, genau richtig für eine Mountainbike-Tour.

Die Adelegg und der zugehörige Kürnacher Wald bestehen aus tief zertalten Hügeln, unzählige Tobel bestimmen die Landschaft. Also eine Berg- und Talfahrt, ein ebenes Stück gibt es hier nicht. Entweder rauf oder runter. Mit Steigungswerten um zwanzig Prozent wahrlich keine Kaffeefahrt. Aber, gerade jetzt im Spätherbst, absolut lohnenswert. Auch wenn dann die Blütenpracht des Sommers längst schon dahin ist.

Bei Schmidsfelden, dem ehemaligem Glasmacherdorf, wird die Eschach überquert und ich fahre bei der Siedlung Häfeliswald in den Kürnacher Wald ein. Ein steiles, kurzes Asphaltstück bringt mich in den Wald. Früher waren hier Weiden, durch Aufforstung mit schnellwachsenden Fichten und der Abwanderung der Bergbauern ist dieses neue Landschaftsbild entstanden. In Eisenbach-Kreuzthal gibt es einen Verein, der u.a. die Wiederherstellung der ursprünglichen Landschaft fordert.

Nun führt der Forstweg ins Ulmerthal. Aber nicht ohne einen wirklich giftigen Anstieg, als „Forstweg“ kann der nach der Abfahrt folgende Streckenteil nicht mehr bezeichnet werden. Eine Fahrspur, übelst Steil, grobschottrig und dazu noch glitschig und aufgeweicht, fordert erhöhte Konzentration und den richtigen Blick für den Weg. Haste das nicht, musst du schieben. Ich habe und kann fahren, mit sagenhaften drei oder mal vier Stundenkilometern quäle ich mich nach oben. Wäre Schieben langsamer oder schneller? Nein, ich bin ja nicht beim Wandern! Weg mit diesen Gedanken! Fahr zu! Geht schon! Es geht. Auf einer der letzten noch nicht vollständig vom Wald vereinnahmten Alpe wird es flacher.

Vorbei an der ehemaligen Alpe Fallehen fahre ich in weitem Bogen wieder in den dichten Wald ein. Hier lügt die Karte übrigens, es gibt keinen Weg von der Alpe, der direkt zu meinem nächsten Ziel, einer Bank bei einer Kehre, führt. Außer man geht Weglos, oder fährt, direkt über die Weide. Aber die ist nicht befahrbar, und eine Spur ist auch nicht zu erkennen. Also schön auf dem Schotterweg bleiben. Der ist ganz neu gerichtet und entsprechend weich im „Geläuf“. Mist. Steil ist´s auch. Ach je. Die mir aus früheren Touren bekannte Bank bittet mich zu sich. Ganz kleine Pause, tut gut. Danach geht es gleich wieder los. Steil, also so richtig steil, folge ich dem Wegweiser zur ehemaligen Alpe Wolfsberg.

Wolfsberg

Nun heißt es bald gut aufpassen, um den richtigen Weg zu nehmen. Drei Möglichkeiten gibt es, der Weg nach links scheidet aus, völlig falsche Richtung. Geradeaus könnte gehen, nach rechts wäre auch eine Möglichkeit. Aber da steht ein Sackgassenschild. Geradeaus kenne ich aber, nicht der richtige Weg. Also ab nach rechts in die Sackgasse. Einige Minuten später stehe ich vor einem Schild, das ein Privatgrundstück mit frei laufenden Hunden ankündigt. Wer lässt mitten in einem Wildreichen Gebiet Hunde frei laufen? Mit wachen Augen fahre ich mit einem etwas komischen Gefühl weiter.

Eine Hütte, nein, keine Hütte, dass hier ist schon was größeres, eingezäunt, das Tor offen, taucht auf. Niemand, auch keine frei laufenden Hunde, sind da. Puh. Der Forstweg führt oberhalb des Anwesens vorbei, mit einer großen Schleife umfahre ich den Prinzentobel. Erst viel später sehe ich auf der Karte, dass wohl ein Weg unmittelbar nach dieser „Hütte“ nach rechts weg gegangen wäre. Ich frage mich wohin? Es geht dort nur abwärts, direkt in den Tobel. Na ja, auch das wird sich noch aufklären. Ich jedenfalls fahre mal weiter, und tatsächlich bin ich bald am Ende des Weges angelangt. Nur eine alte Pfadspur, fast nicht zu erkennen, führt nach unten. Versuch macht klug! Dummerweise habe ich den Sattel nicht tiefer gestellt, am Ende der Spur geht es dermaßen steil abwärts, dass mich nur ein eleganter Absprung vom Bike vor einem Sturz bewahrt. Kein Risiko in solch abgelegenen, einsamen Orten! Nach dieser Aktion finde ich tatsächlich wieder so etwas wie einen Weg. Steil abfallend komme ich unten im Ulmerthal wieder auf meine geplante Tour. Na also! Ein wenig Geschichte:

"Die unter Holzmangel leidende Reichsstadt Ulm versucht dadurch Abhilfe zu schaffen, dass sie mit dem Kloster Isny einen Pachtvertrag auf 70 Jahre schließt, der den Ulmern gestattet zwei große Waldstücke im Häfeliswald abzuholzen. Die Ulmer dürfen an der Eschach eine Sägemühle errichten, ferner eine Behausung für einen Köhler und einen Stall für zwei Ochsen".

Aus der Allgäuer Chronik 1608

Das den Ulmern damals zugewiesene Tal hat noch heute den Namen "Ulmer Thal".

Nur wenige Meter breit ist dieses tief eingeschnittene Tal, gleich nach der Überquerung des Ulmertalbachs geht es wieder ziemlich steil aufwärts. Und raus aus dem dichten Wald.

Endlich wieder in der Sonne! Eine größere Weidefläche tut sich vor mir auf. Oben steht Karina, sieht mich und läuft schnell nach Hause. Nach Hause ist eine Alpe, die hier oben thront. So an die fünfzig Höhenmeter später bin ich kurz vor der Alpe angelangt, Karinas „Frauchen“ ruft mir zu, dass ich schon hochfahren könnte. Karina wäre friedlich und nur etwas neugierig und „bettelig“. Bloß nicht hinter einem Pferd herum fahren, Sigmunds Tipp kommt mir gelegen. Also umfahre ich Karina, die alte Haflingerdame, vorne rum. Die ist dann auch gleich an meinem Rucksack, lässt sich streicheln und folgt mit die nächsten Meter. Am Weidezaun, unter dem ich durch muss, ist Karinas kleiner Ausflug zu Ende.

Meiner nicht, auf dem ersten Asphaltstück seit langem fahre ich steil hoch, der Kreuzleshöhe entgegen. Aber schon bald hat das fast schon erholsame Stück Straße ein Ende und ich biege bei einem Hof nach rechts ab. Ein schöner Pfad führt mich fast auf direktem Weg runter ins wunderschöne Kreuzbachtal. Wie schon im Ulmerthal geht es auch hier sofort nach der Bachüberquerung wieder steil nach oben.

Bei einer Hütte sind noch einige junge Leute beim Frühstücken, die Sonne hat den Platz vor ihrer Hütte voll im Griff, und sie genießen sichtlich ihr spätes Frühstück und ihren Platz an der Sonne. Mit einigen gut gemeinten Anfeuerungsrufen mache ich mich nach einem kurzen Hallo wieder auf den Weg. Tief zerfurcht führt der entlang eines Weidezauns wieder steil nach oben, zum Wald hin. Endlich mal wieder Wegweiser! Also kann ich nicht ganz verkehrt sein hier. Blöd ist nur, dass mein Weg eigentlich in eine Richtung geht, auf der einfach kein Weg zu erkennen ist. Nur nach links oben, nicht ganz meine geplante Richtung, sehe ich einen Durchlass. Wird schon passen. Nach der Überquerung der kleinen Weidefläche bin ich wieder im dichten Wald. Der Weg sieht aus, als ob er seit Jahren nicht benutzt wurde. Nach einer Weile kehre ich um, zu groß sind meine Zweifel geworden.

Nach eingehendem Kartenstudium sehe ich aber, dass ich schon dort hoch muss. Also auf ein Neues! Nach einer Weile bin ich wieder auf „meiner“ Route. Der Forstweg führt mich nun, immer die tiefen Tobel umfahrend, in den Buchenberger Wald. Eine Schleife führt mich herum um den 1158 Meter hohen Ochsenberg. Auf einem steilem, nach unten führendem Pfad erreiche ich dann auf immer noch gut 1000 Meter Höhe ein Wohnhaus und ein kleines Sträßle. Das führt mit ein paar Kurven ziemlich steil runter ins Eschachtal.

Auf der mir wohl bekannten Straße fahre ich ein kleines Stück aufwärts Richtung Eschacher Weiher. Ein Rennradfahrer fährt gerade auch da hoch. Auch schön, was vor ihm liegt kenne ich gut. Es ist um einiges einfacher als das, was mir noch bevorsteht.

Ulmertal

Am Gasthaus „Zum Batschen“, inzwischen leider geschlossen, mache ich kurz halt und sehe mir die Infotafel an. Seit einiger Zeit gibt es hier den Glasmacherweg, der auf einer Strecke von gut zwanzig Kilometern die alten Glasmacherwege verfolgt.

Kurz danach biege ich ein in den württembergischen Teil der Adelegg. Der Schwarze Grat, mit 1118 Metern Höhe die höchste Erhebung Württembergs, ist mein nächstes Ziel. Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet, wäre ich den Weg, der direkt gegenüber vom „Batschen“ auf den Schwarzen Grat führt, gefahren. Aber bitte, ich wollte es ja so. Vom Holzeinschlag ist der Weg vollkommen verwüstet, ein Raupenbagger ist hier hoch gefahren und hat seine Spur hinterlassen. Ein kurzes Stück muss ich schieben, steil und matschig wird alles. Auch der folgende Rest, zwar fahrbar, aber sehr mühsam, lässt einige besser nicht zu veröffentliche Verwünschungen aufkommen. Aber, es ist ja immer so, am Ende wird alles gut. Yippie!

Irgendwann erreiche ich die Wenger Egg Alpe. Das ist so was wie ein flaches Hochgelände, und, soweit ich weiß, auch die letzte bewirtschaftete Alpe auf der Adelegg. Wobei flach in diesem Terrain sehr relativ ist. Und auch nur von kurzer Dauer. Aber egal, die Alpe hat heute wegen dem wirklich fantastischem Wetter geöffnet. Mich zieht es aber heimwärts, heute Abend sind wir zum Essen eingeladen. Den obligatorischen Besuch des Aussichtsturms lasse ich deswegen aus, schon oft genug war ich hier. Zu Fuß, mit Schneeschuhen und auch schon mit dem Bike.

Der württembergische Teil der Adelegg ist „bevölkerter“ als der gegenüberliegende bayerische Teil mit dem Kürnacher Wald und dem Buchenberger Wald. Viele Wanderer, Nordic-Walker und Biker begegnen mir hier. Schade eigentlich, ich finde den gegenüberliegenden Teil viel schöner, hat er doch wenigstens einige noch erhaltene Weideflächen zu bieten und ist damit sonniger und auch Aussichtsreicher. Ganz anders ist es hier, die offenbar einträgliche Waldwirtschaft hat so gut wie alle Weideflächen vereinnahmt.

Bis auf die Wenger Egg Alpe und die Alpe Herrenberg ist die gesamte Adelegg von Fichtenkulturen überdeckt. Das war zu früheren Zeiten nicht so, auf alten Bildern zeigt sich eine wunderschöne, hügelige Landschaft. Mit einigen Alpen, der Schletteralpe oder der großen Zengerles-Alpe beispielsweise. Nur in den ungezählten Tobeln gibt es noch den ursprünglichen Mischwaldbestand. Hier abzuholzen war und ist immer noch unrentabel. Gut so!

Die Abfahrt vom Schwarzen Grat ist zunächst mächtig schnell. Auf dem gut hergerichtetem Forstweg kannste lässig mal 60 Sachen erreichen. Wenn nur diese Kraft zehrenden Gegenanstiege nicht wären! Immer wieder tauchen sie auf. Erst nach der Alpe Herrenberg geht es dann nur noch abwärts. Der Trail runter nach Rohrdorf fällt heute aus, den hatte ich vergangene Woche schon. Nach der Abfahrt komme ich auf den Radweg, nach ein paar Metern bin ich, total eingedreckt zwar, aber durchaus zufrieden, wieder in Rimpach.

Zur Initiative Kreuzthal-Eisenbach e.V.



| 35 Kilometer | 1030 Höhenmeter |

Fotos